DIE NOBLE NOMADS GMBH: ÖKOLOGISCHE PRODUKTE VON MONGOLISCHEN NOMADEN

17 Oktober

Stephan und Munkhbold

– DER REIHE NACH –

Anfang 2017 lernte Schäfer den mongolischen Informatiker Munkhbold Bold im Rahmen einer Existenzgründungsberatung kennen. Die Geschäftsidee und die Beharrlichkeit des 31-Jährigen begeisterte Schäfer. Der Plan: hochwertige und ökologisch nachhaltige Rohstoffe und traditionelle Produkte aus der Mongolei zur möglichst kreativen Weiterverarbeitung nach Deutschland importieren. Bold wusste alles über Tierzucht, die Gewinnung von Kashmir- und Kamelwolle sowie über rein pflanzlich gegerbtes Leder von Ziege, Rind und Schaf aus nomadischer Herstellung. Er kannte die Qualität der Rohstoffe, die Nachhaltigkeit der Produktion und die Eigenheiten des Handels mit Nomaden. Schließlich stammt er selbst aus einer Nomadenfamilie und kennt das raue Leben mit der Natur von Kindesbein an. Obendrein hatten bereits seine Eltern ein Unternehmen gegründet. 1991, gleich nach der Demokratisierung der Mongolei, hatten sie die BULNAI TRADE LLC ins Leben gerufen und sich mit ihr auf den Import und Export von Grundnahrungsmitteln und landwirtschaftlichen Produkten aus bzw. nach China, Russland und eben Ulan Bator spezialisiert.

 

Tselmeg und Munkhbold

– TRADITION –

Gemäß nomadischer Tradition führt heute nach einem Informatik- und Wirtschaftsstudium der erstgeborene Sohn – Tselmeg Bold – das Unternehmen seiner Eltern, während sein um fast zwei Jahre jüngerer Bruder Munkhbold Bold ohne eine solche Familienverpflichtung 2005 nach Deutschland gehen konnte. Dort lernte er die Sprache, studierte Informatik, arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Dresden und als Programmierer in einem mittelständischen Softwareunternehmen, bevor er schließlich 2017 in Berlin auf Stephan Schäfer traf.

 

Tselmeg mit Kaschmir

 

– DIREKT VOM ERZEUGER –

Die Chemie stimmte sofort, die Begeisterung für die von den Brüdern Bold bereits 2015 entwickelte Geschäftsidee übertrug sich von dem Zugereisten auf den Einheimischen. Die Vorteile liegen auf der Hand: hochwertige und preisgünstige Produkte direkt vom Erzeuger, ganz ohne kostspielige Zwischenhändler. Das Angebot der NOBLE NOMADS ist vor allem für Geschäftskunden konzipiert: Die GmbH ermöglicht den direkten und kontrollierten Zugang zu nachhaltig gewonnenem Ziegen-, Schafs- und Rindsleder sowie Kaschmir- und Kamelwolle. Dabei können auch sehr kleine Mengen abgenommen werden. Das ist vor allem für Designer interessant, die beispielsweise individuelle Handtaschen oder Erststücke für eine Kleiderkollektion herstellen wollen. Aber auch zum Weiterverkauf eignen sich die hochwertigen Woll- und Ledervorprodukte aus den Händen traditionell produzierender Nomaden.

 

Stephan und Munkhbold mit Wolle

 

– NOBLE NOMADS GMBH –

Die „noblen Nomaden“ entschieden sich für die Rechtsform der GmbH. Neben der Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter nennt Schäfer einen weiteren Vorteil: „Bei Bedarf können wir so verhältnismäßig einfach weitere Gesellschafter aufnehmen und das Geschäftskapital erhöhen.“ Derzeit sind Schäfer und Munkhbold Bold die Geschäftsführer des Unternehmens. Tselmeg Bold arbeitet ausschließlich von der Mongolei aus und ist für die Lieferantenbetreuung, Recherche sowie die Entwicklung und Herstellung der Produkte zuständig. Aktuell kümmern sich drei weitere Mitarbeiter um Vertrieb, Kundenbetreuung, Marketing sowie Onlineshop und Social Media.

Als größte Herausforderung betrachten die beiden Geschäftsführer die behördlichen Vorgaben. Seufzend erläutert Schäfer das komplexe Regularium zur Einfuhr tierischer Produkte aus dem Nicht-EU-Raum und die damit verbundenen zollrechtlichen Sachverhalte.

„Auch die besonderen Wünsche unserer Kunden sind nicht ohne“, sagt Munkhbold Bold. „So sind zum Beispiel Designer ein ganz eigenes Völkchen, echte Künstler mit immer neuen Ideen.“

 

Munkhbold mit Freunden

 

– DESIGNER UNTERSTÜTZEN –

Schäfer ergänzt, dass er genau das liebt: die Zusammenarbeit mit Kreativen. Stolz verweist er auf ein paar schöpferische Highlights der bisherigen Firmengeschichte: „Eine bekannte mongolische Designerin hat für NOBLE NOMADS eine Damen- und eine Herrenhandtasche entworfen und in kleiner Erstauflage bereits selbst produziert. Und die Bilder der bekannten mongolischen Malerin G Munkhtsetseg sind auf ein von uns hergestelltes Kaschmirschaltuch gedruckt.“ Auch über die Zusammenarbeit mit dem deutschen Barfuß-Schuh-Hersteller Senmotic freuen sich die beiden Geschäftsführer und betonen, wie befriedigend es ist „wichtiger Teil einer Produktschöpfungskette“ zu sein. Auch das Kennenlernen neuer, innovativ denkender Menschen bezeichnen die Unternehmer als ein besonderes Geschenk und als einen besonderen Ansporn für ihre unternehmerische Tätigkeit.

„WIR MÖCHTEN JUNGEN, KREATIVEN MENSCHEN ERMÖGLICHEN, IHRE TRÄUME ZU VERWIRKLICHEN“

Mädchen mit Kalb

Die „noblen Nomaden“ führen das ehrenvolle Adjektiv nicht ohne Grund im Firmennamen. Die kostenlose Förderung von Talenten ist ihnen ebenso wichtig, wie ökologische Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes Unternehmertum. Drei Prozentder Einnahmen fließen in gemeinnützige Projekte für Naturschutz sowie in die Förderung von Künstlern in der Mongolei und Deutschland. „In Zukunft wollen wir das gerne noch weiter intensivieren“, sagt Schäfer. „Wir möchten jungen, kreativen Menschen ermöglichen, ihre Träume zu verwirklichen“, ergänzt Bold. „Gerne auch unbekannten Nachwuchsdesignern und Modestudenten.“ In Zukunft wollen die beiden Geschäftsführer expandieren und ein am Markt etablierter Händler für ökologisch nachhaltige Rohstoffe werden. Auch die Vermittlung von Wissen über die Lebensweise der Nomaden wollen Schäfer und Bold vorantreiben. Dabei bauen sie weiterhin auf die Unterstützung der Berliner Volksbank. „Schon nach wenigen Wochen hatten wir das Gefühl, bei den Beratern der Volksbank nicht ein Unternehmen unter vielen, sondern ein Partner auf gleicher Ebene zu sein“, sagt Schäfer. Für ihre Ziele und Träume arbeiten die Geschäftsführer hart. Der Arbeitstag beginnt meist bereits um 7 Uhr mit einer Telefonkonferenz zwischen Berlin und Ulan Bator und endet nicht selten erst um 22 Uhr. „Das Leben als Nomade ist härter“, gibt Bold lachend zu Protokoll. „Da ist man Wind und Wetter ausgesetzt, muss manchmal den ganzen Tag im Pferdesattel sitzen, sich auf neue Situationen mit der Herde einstellen und wartet schon mal eine Woche auf ein Ersatzteil für ein defektes Auto.“

„Die deutschen Behörden sind aber auch nicht ohne“, sagt Bold und lacht über das ganze Gesicht.

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